"Information im Überfluss ist wertlos"

Verlerne das Alte - Wer nicht mit der Zeit geht - Geht mit der Zeit

Unsere Zeit heute ist geprägt von Schnelligkeit und Wandel. Kennzeichen sind Unsicherheit, Ablehnung und ein Festhalten an alten Verhaltensmustern. Diese gelten aber heute nicht mehr, denn sie waren geeignet, Stabilität und Ordnung zu managen und planbares Wachstum in sich nicht verändernden Märkten zu verwalten. Ein Paradigmawechsel aber hat stattgefunden. An die Stelle von Stabilität tritt Dynamik, an die Stelle von Ordnung ein Zurechtfinden und Schritthalten in neuen Technologien und Märkten, die sich so rasch verändern wie der Börsenkurs eines Unternehmens in besonderen Zeiten.

Ein Freund beschrieb uns einmal ein Experiment, in dem vier Affen in einen Raum gebracht wurden. In der Mitte des Raumes befand sich ein hoher Pfahl, an dessen Spitze ein Bündel Bananen hing. Ein besonders hungriger Affe kletterte umgehend den Pfahl hinauf und versuchte, eine Banane zu ergattern. In dem Augenblick, als er nach der Banane griff, erhielt er von oben eine kalte Dusche. Mit einem Schreckensschrei ließ der durchnässte Affe von der Banane ab und trat den Rückzug an. Der Reihe nach versuchten nun alle Affen, sich eine Banane zu holen. Der Reihe nach wurden Sie mit kaltem Wasser übergossen, und alle mussten sich ohne Belohnung zurückziehen. Nach mehreren Duschen ließen die Affen schließlich ganz von den Bananen ab.
Als die Tiere derart konditioniert waren, wurde einer der vier Affen aus dem Raum geholt und durch einen anderen ersetzt. Kaum machte sich der neue unschuldige Affe daran, den Pfahl hinaufzuklettern, als seine Gefährten nach ihm griffen und das verblüffte Tier wieder herunterzogen. Der Affe verstand die Botschaft: Klettere nicht auf diesen Pfahl hinauf! Nachdem einige Versuche des neuen Affen von den anderen Tieren unterbunden waren, gab auch dieses Tier das Unterfangen auf, ohne jedoch eine kalte Dusche erhalten zu haben. Nun wurden die ursprünglichen Affen nach und nach ersetzt. Jeder neue Affe erhielt dieselbe Lektion: Klettere nicht an diesem Pfahl hinauf! Keiner der neuen Affen schaffte es je bis zur Spitze des Pfahls; keiner von Ihnen kam je so weit, dass er eine kalte Dusche erhalten hätte. Keines der Tiere verstand, warum es nicht auf den Pfahl durfte, aber alle respektierten sie das Modellverhalten. Selbst nachdem die Dusche abmontiert war, wagte sich keiner der Affen den Pfahl hinauf. Wir behaupten nicht, Manager seien Affen. Wir behaupten lediglich, dass die in Handbüchern, Unternehmensprozessen und Schulungsprogrammen verankerten Modellfälle häufig den Industriekontext, in dem sie entstanden sind, überleben. (aus Prahalad, Zukunftswettbewerb)

So sind die Herausforderungen von heute - und erst recht die von morgen - nicht mit den Verfahren und Methoden zu managen, die gestern noch galten. Infolge unserer westlichen Sozialisation sind wir z.B. geprägt von tayloristischer Arbeitsteilung, die nicht Teamarbeit, sondern Einzelleistungen fördert. Es gilt, viel hinzuzulernen und dabei einiges zu verlernen. Dabei können Trainings, Workshops, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zum Teil dienlich sein, aber vielmehr müssen wir die Fähigkeit zum "verlernen" erwerben - und dies ganz schnell.

Verlernen der Einstellung

Der Glaube an die Unverwundbarkeit der eigenen Position und der des Unternehmens stellt eines der größten Hindernisse für zukunftsichernde Innovationen dar. In vielen Unternehmen kommt die hohe Technik-Fixierung hinzu! Es herrscht eine Haltung wie bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und Verluste werden in der Regel übernommen.

Einmal im Unternehmen wird wie in einem Beamtenapparat oder der öffentlichen Verwaltung eine lebenslange Beschäftigung in der eigenen Firma erwartet. Das war ja früher auch so. Und im Kopf regiert die Einstellung, was man nicht selbst entwickelt oder produziert hat, ist schlecht. War ja auch so: welchen Ruf hatten vor 25-30 Jahren noch Produkte aus z.B. Japan? Nicht den besten jedenfalls. Und heute: gute bis beste Qualität zum akzeptablen Preis!

Verlernen des Führungssystems

Selten wurden und werden in Unternehmen Sanktionen für Dauerverluste durchgeführt. Erst recht nicht in der öffentlichen Verwaltung, in schwer wiegenden Fällen ist allenfalls mit einer Versetzung zu rechnen. Die Hemmung, Verlustgebiete schnell zu bereinigen, wird von den Ergebnissen zahlreicher deutscher Unternehmen in jüngster Vergangenheit geradezu unterstrichen. Bei manchen führte dies bis in den Vergleich oder sogar Konkurs. Das Prinzip der kollegialen Verantwortung und Gleichbehandlung gilt es zu verlernen.

Warum es nicht mehr so weitergeht

Um die Grenzen hierarchischer, bürokratischer Organisationen angesichts neuer Umweltbedingungen zu illustrieren, beschreibt Jürgen Fuchs in Anlehnung an den ostfriesischen Alltagsforscher Otto Waalkes folgende fiktive (!) Situation aus seinem Unternehmen: "Sie begegnen auf der Straße einem Betrunkenen. Ihr Auge sieht, wie der Mann mit der Faust ausholt. In einer heute üblichen Unternehmensorganisation würde sich dann in etwa Folgendes abspielen. Das Auge schickt ein Telefax an seinen zuständigen Vorstand und entschuldigt sich zunächst für die Störung mit dem Hinweis auf die Gefährlichkeit und Einmaligkeit der Situation:

Auge an Vorstand:

1. Eine Faust kommt auf uns zu!
2. Erbitte, das Lid schließen zu dürfen.
3. Empfehle Ausweichschritt und gegebenenfalls Flucht.
Vorstand an Auge:
Ich möchte keinen Präzedenzfall schaffen. Legen Sie mir deshalb bitte einen Investitionsantrag für das Schließen des Lides mit Aufwand und Nutzen vor. Wie Sie wissen, bin ich für Punkt 3 nicht zuständig. Machen Sie mir bitte eine Vorstandsvorlage. Ich werde Ihr Anliegen dann im Gesamtvorstand vortragen.
Auge an Vorstand:
zu 1. Die Faust kommt immer näher!
zu 2.Der Aufwand für das Schließen des Lides beträgt circa 1,7 Kalorien. Der Nutzen ist nicht quantifizierbar.
zu 3.Für die Vorstandsvorlage brauche ich mindestens zwei Tage. Befürchte, dann ist es zu spät. Empfehle dringend, etwas zu unternehmen.
Vorstand an Auge:
Was heißt immer näher? Bitte exakte Angaben! Angesichts der begrenzten Investition könnte ich zustimmen, wenn der Aufwand durch das Budget gedeckt ist. Der Gesamtvorstand tagt erst nächste Woche Dienstag. Bis dahin erwarte ich Ihre Vorlage.
Auge an Vorstand:
Ich ziehe meine Anträge zurück. Bestellen Sie bitte einen Krankenwagen".
aus Stefan Kühl, Wenn die Affen den Zoo regieren, 1996, Paris

Verlernen des Verhaltens von Führungskräften

Wir haben in Deutschland so unsere mentalen Probleme mit Führern. Was wir aber brauchen sind nicht die Manager, die managen, bis das Licht ausgeht, sondern die Führer oder Leader, die vorangehen, Beispiel geben, vorleben, denn die Treppe kann man nur von oben kehren! Die Praxis des Hineinregierens muss der Vergangenheit angehören und die wahren Ergebnisse dürfen nicht verschleiert werden. Kritische Veränderer beklagen den verloren gegangenen Teamgeist; zynischere Kollegen argwöhnen einen überzogenen Teamgeist, wenn Einzelpersonen doch mit ihren Vielfachfunktionen mit sich selbst als Team beratschlagen können. Ausgeprägt in westlichen Kulturen ist das "Management by Rundschreiben", sei es in Unternehmen oder in öffentlichen Verwaltungen. Wo bleiben die ungeschriebenen Gesetze, die anerkannten und auch belobigten Verhaltensmuster? Die Fachkompetenz siegt noch immer vor der sozialen Kompetenz. Bloß: mit Fachkompetenz ist noch keine Mitarbeiterin und kein Mitarbeiter motiviert worden. Was wir sicherlich in Europa benötigen, ist Total Quality Management (TQM), aber was noch viel dringender notwendig erscheint, ist Total Management Quality mit der Eliminierung des Karriere- und Ressortdenkens.

Verlernen der alten Strategie

Der Mangel an Visionen ist in Westeuropa eklatant. Kundenmisshandlung findet auf allen Ebenen des Unternehmens als Sport statt. Größe versucht man allein durch Zukäufe zu erreichen. Die Besinnung der Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen findet fast gar nicht statt. Die Diversifizierung hat noch immer ihren Stellenwert, obwohl diese Strategie in Wachstumszeiten durchaus die richtige war. Bei sich schnell verändernden Rahmenbedingungen ist das aber eher Verzettelung. Das Kerngeschäft kommt zu kurz oder bleibt auf der Strecke.

Verlernen der Organisation

Hierarchien sind strukturiertes Misstrauen und Auf- und Ablauforganisationen bis zu einem dutzend Ebenen in europäischen Unternehmen leider noch die Realität. Von wegen flexibel und schnell. Produkt- oder Projektmanager, die möglicherweise das Zukunftsprodukt in den Händen halten oder das Projekt durchführen, das eine Dimension wie ein eigenes Unternehmen hat, sind weitgehend ohne Einfluss. Eine Vernetzung von Prozessen findet bereichs- und funktionsübergreifend kaum statt.
Wir sind alle zu Einzelleistungen erzogen worden, gelobt von den Eltern, beurteilt mit Einzelzeugnissen in der Schule und bewertet in der Berufsausbildung, Einzelvertrag im Unternehmen. Kein Wunder, dass wir alle von Teams reden, aber diese Teams ohne Kompetenz ausstatten. Richtig heißen sie eigentlich "Arbeitsgruppen" zur Erarbeitung einer Vorlage. Die Präferenz für große Einheiten muss abgebaut werden. Die Nähe zum Kunden geht verloren. Hier hilft eine einfache Untersuchung des Posteingangs. Manche Abteilungen beschäftigen sich nur im Hin- und Herschieben von Vorgängen. Gar keiner im Unternehmen würde es merken, wenn es sie nicht mehr gäbe. Diese tragen nicht zur Produktivität bei und haben keinen Platz in der Wertschöpfungskette.

Verlernen des Stils

Sparen fängt immer unten an. Man verordnet eine Reduzierung der Reisekosten und fliegt weiter erster Klasse. Das konventionelle Verhalten ist die Regel und wird auch noch belohnt. Durch Unsicherheit in das eigene Können herrscht ein Abstimmungssyndrom. Probleme werden nicht offen angesprochen, sondern schön geredet, erklärt und gerechtfertigt.

Verlernen der Kommunikation

In vielen Unternehmen gibt es weiterhin die unglaubwürdige Hofberichterstattung. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden aus der Tageszeitung über Veränderungen in ihrem eigenen Unternehmen informiert. Heikle Probleme werden erst gar nicht kommuniziert. Lange Abstimmungsprozesse und lange Abstimmungsketten machen die leicht verderbliche Ware Information zu einem Nährboden für Gerüchte und Spekulationen.
So gilt es das Alte zu verlernen. Das Alte, das uns bis heute begleitet hat und das gestern galt. Wir müssen unseren heutigen Herausforderungen mit neuen Methoden und Verfahren anders begegnen. (Ver)Lernen ist also notwendig, und hier ist die Geschwindigkeit der entscheidende Faktor, um seine Chance zu wahren.

Schlusslicht.....

"Vor langer Zeit verabredete ein großer deutscher Automobil-Konzern mit seinem Mitbewerber aus Japan, dass jedes Jahr ein Wettrudern mit einem Achter auf der Donau ausgetragen werden sollte. Beide Mannschaften trainierten lang und hart, um ihre höchste Leistungsfähigkeit zu erreichen. Als der große Tag endlich da war, waren beide Mannschaften topfit.
Die Japaner gewannen mit 1 km Vorsprung!
Nach dieser Niederlage war das deutsche Team sehr niedergeschlagen und das obere Management entschied, dass ein Projektteam den Grund für die vernichtende Niederlage suchen sollte. Das Team brachte folgendes Ergebnis: Bei den Japanern ruderten acht Leute und ein Mann steuerte. Im Team des deutschen Konzerns ruderte ein Mann und acht Leute steuerten. So wurde eine Unternehmensberatung damit beauftragt, eine Studie über die Struktur der Konzern-Rudermannschaft zu erstellen. Die Berater kamen zu dem Schluss: Es steuern zu viele, und es rudern zu wenige.
Jetzt wurde die Teamstruktur geändert. Es gab jetzt vier Steuerleute, drei Hauptsteuerleute, einen Steuerdirektor und einen Ruderer. Man war also optimal vorbereitet, als der heiß ersehnte Tag des Wettruderns wieder kam.
Die Japaner gewannen mit 2 km Vorsprung!
Folgende Konsequenzen zog der deutsche Konzern aus dieser zweiten Niederlage: Es verkaufte die Ruder, stoppte alle Investitionen in die Entwicklung eines neuen Bootes und kündigte dem Ruderer. Der Beraterfirma wurde eine lobende Anerkennung für ihre gute Arbeit ausgesprochen. Die erzielten Einsparungen wurden als Prämie an das obere Management ausgeschüttet".

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