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Twitter und Recht

Wir danken Herrn Dr. Kai M. Simon, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht (*Certified Specialist Lawyer for Commercial and Corporate Law) für das freundliche Placet zur Verwendung seines Beitrages. Dr. Müller & Kollegen - Rechtsanwälte - Fachanwälte - Notar - 33647 Bielefeld - Germany

Suchmaschinen, Keyword-Advertising und Markenrecht
Fremde Marken als Keywords bei Google-AdWords

Das Problem

Viele Markeninhaber kennen das Problem: Bei der Eingabe ihrer Marken als Suchbegriff in Internet-Suchmaschinen erscheint unmittelbar neben den allgemeinen Suchergebnissen eine Anzeige eines Konkurrenten. Ein Ärgernis: Selbst ein potentieller Kunde, der explizit nach dem eigenen Markenprodukt sucht, sieht nun plötzlich fremde Werbung. Bei einem Klick auf die entsprechende Anzeige wird der Nutzer unmittelbar auf die Website der Konkurrenz geführt. Welchen Sinn hat dann der mitunter teure Aufbau einer Marke, wenn selbst deren Eingabe in einer Suchmaschine doch den Kunden zum Wettbewerber treibt? Aus Sicht des Werbenden stellt sich indessen die Frage, warum denn eine Markenverletzung vorliegen soll, wenn in der Anzeige die fremde Marke gar nicht erwähnt ist und der Nutzer zudem erkennen kann, dass es sich um eine Anzeige und nicht um ein Suchergebnis handelt. Die fraglichen Anzeigen sind sogenannte Referenzanzeigen von Internetreferenzierungsdienstleistern. Marktbeherrschend ist hier Google mit dem Anzeigendienst Google-AdWords. Die Anzeigen entstehen nicht etwa, weil der Google-Algorithmus bei der Eingabe von Marken auch die Webseiten der Konkurrenz findet. Vielmehr handelt es sich um bezahlte, aktiv und wissentlich geschaltete Werbung.
Hierzu verfasst der Werbekunde seine Anzeige und wählt Schlüsselbegriffe, sog. „Keywords", aus. Hierbei handelt es sich um Wörter oder Ausdrücke, die sich auf das Unternehmensangebot des Werbekunden beziehen. Wenn Nutzer bei Google nach einem der Keywords des Werbekunden suchen, erscheint die Anzeige - nebst Link zu seiner Website - neben den Suchergebnissen.
Diese Keywords werden ausschließlich vom Inserenten selbst in das Antragsformular der AdWord-Anzeige eingetragen. So kann z.B. ein Google-Kunde zwischen folgenden vier Optionen wählen:Weitgehend passende KeywordsPassende WortgruppenGenau passende KeywordsAusschließende Keywords
Bei Auswahl der Option „weitgehend passende Keywords" schaltet das Google-AdWords-System automatisch Anzeigen für relevante Variationen der aktiv eingegebenen Keywords, wobei die weitgehend passenden Begriffe nicht explizit in der Keywordliste enthalten sein müssen. Variationen von Keywords können beispielsweise auch Synonyme, aber auch Markennamen von Konkurrenten enthalten.
Weiterhin bietet Google-AdWords die Möglichkeit an, bestimmte Keywords auszuschließen. Dies eröffnet die Möglichkeit, aktiv auch die Liste der weitgehend passenden Keywords einzuschränken und insbesondere solche Schlüsselbegriffe auszuschließen, die geschützte Marken Dritter enthalten.
Im Ergebnis kann der Werbekunde also auf mehrere Arten entweder aktiv oder passiv dazu beitragen, dass bei Eingabe einer fremden Marke die eigene Anzeige erscheint: Entweder gibt er unmittelbar den Markenbegriff als Keyword bei der Anzeigenschaltung an oder ein hierzu weitgehend passendes Keyword. Im letzten Fall generiert der Referenzierungsdienst selbst, ohne dass der Kunde dies unbedingt wahrnimmt, ggf. die fremde Marke als „weitgehend passend". Der Kunde könnte aber nun zumindest tätig werden und die ihm bekannten fremden Marken aktiv ausschließen, um eben dies zu verhindern. Unterlässt er dies, ist das Ergebnis dasselbe, als wenn er die Marke aktiv als Keyword wählt.
Fraglich ist nun: Ist die (aktive oder passive) Benutzung der fremden Marke als Keyword eine Markenverletzung - und zwar selbst dann, wenn die Marke in der eigentlichen Anzeige gar nicht sichtbar ist?

Markenrechtliche Grundlagen

Zur Lösung dieser Problematik sind in erster Linie zwei Fragen zu beantworten: (1) Stellt die Verwendung einer fremden Marke als Keyword auch dann eine markenmäßige Benutzung dar, wenn die Marke in der für den Nutzer der Suchmaschinen sichtbaren Anzeige gar nicht enthalten ist und (2) besteht durch eine solche Anzeige eine Verwechslungsgefahr gegenüber der fremden Marke auch dann, wenn die AdWords-Anzeigen optisch getrennt neben oder über den allgemeinen Suchergebnissen angezeigt werden.
Für die erste Voraussetzung, die markenmäßige Benutzung, muss der verwendete Begriff im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers von denen anderer Unternehmen dienen. Wird mit anderen Worten die fremde Marke dazu eingesetzt, um als Mittel zur Unterscheidung auf das werbende Unternehmen hinzuweisen, liegt grundsätzlich eine markenmäßige Verwendung vor. Darüber hinaus kann aber auch die sogenannte Werbefunktion beeinträchtigt sein, wenn nämlich zwar die fremde Herkunft trotz Verwendung der Marke erkannt wird, aber die Werbekraft der Marke durch das Alternativangebot geschwächt wird.
Wird die markenmäßige Benutzung bejaht, ist in einem zweiten Schritt zu überprüfen, ob durch die Verwendung der fremden Marke eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Angebot des Werbenden und des Markeninhabers entsteht. Hierbei ist kurz gesagt zu fragen, ob der angesprochene, durchschnittliche Marktteilnehmer aufgrund der Kennzeichnungskraft der fremden Marke, der Ähnlichkeit der beworbenen Waren und der Identität der verwendeten Kennzeichen erkennen kann, ob das Angebot des Inserenten von dem Markeninhaber stammt. Dies ist jeweils im Einzelfall zu überprüfen.
Problematisch und umstritten war insbesondere, ob überhaupt durch die Eingabe von Fremdmarken als Keywords eine markenmäßige Verwendung vorliegt.

Unterschiedliche Auffassungen der Instanzgerichte

Einige Gerichte, so z.B. die Oberlandesgerichte Stuttgart, München und Braunschweig, sehen in der Angabe fremder Marken als Keywords eine markenmäßige Benutzung. Es mache keinen Unterschied, ob die Anzeigen räumlich von den Suchergebnissen abgesetzt seien. Insofern sei der Fall nicht anders zu behandeln als bei sogenannten Metatags, die dazu führen, dass bei Eingabe fremder Marken die Website des Verwenders direkt in den Suchergebnissen erscheint. Dies aber sei unzweifelhaft eine markenmäßige Verwendung. Auch bestehe eine Verwechslungsgefahr, da der Nutzer, der aufgrund der Eingabe des Markenbegriffs eigentlich Treffer des Markeninhabers erwarte, sich zunächst auch mit der bezahlten Anzeige befasst. Ihm mag sich erschließen, dass die Anzeige bezahlt sei, aber eben nicht sofort, dass sie nicht von dem Markeninhaber geschaltet sei.
Andere Gerichte, wie z.B. das OLG Düsseldorf, das OLG Köln und das Kammergericht Berlin, sehen hingegen keine Markenverletzung. Durch den Hinweis „Anzeigen" und die grafische Absetzung der AdWords-Anzeige von der Suchergebnisliste werde auch dem unerfahrenen Internetnutzer hinreichend deutlich gemacht, dass der fragliche Anbieter ein Anzeigenkunde und nicht das gesuchte Unternehmen sei. Der Nutzer werde daher den Unterschied erkennen.

Die Leitentscheidungen des BGH

In drei Entscheidungen vom 22.01.2009 (Az. I ZR 30/07 - „Beta Layout GmbH", I ZR 125/07 - „bananabay", I ZR 139/07 - „PCB-POOL") hat der BGH nunmehr zu den zwischen den Oberlandesgerichten streitigen Fragen Stellung genommen, wobei hier die ersten beiden genannten Entscheidungen besonders zu beleuchten sind:
Hierbei ist zum einen die „Beta-Layout"-Entscheidung interessant, weil sich aus ihr die Sicht des BGH zur Frage der Verwechslungsgefahr, aber auch zur markenmäßigen Verwendung selbst ableiten lässt. Der BGH hatte hier über den mit einer Markenverletzung vergleichbaren Fall der Verletzung eines Unternehmenskennzeichens gemäß §§ 5, 15 MarkenG zu entscheiden. Im Anschluss an seine Rechtsprechung zur Verwendung von Metatags (BGHZ 168, 28 - Impuls) könne zwar eine kennzeichenmäßige Verwendung nicht allein deshalb verneint werden, weil die Marke in der Anzeige selbst nicht sichtbar sei. Allerdings liege keine Verwechslungsgefahr vor. Der BGH folgte insofern der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf.
Im Fall „bananabay" wiederum hatte sich der BGH mit der Frage der markenmäßigen Benutzung auseinanderzusetzen. Die entscheidungserhebliche Vorschrift (§ 14 Abs. 2 MarkenG) beruht anders als der o.a. § 15 MarkenG aber auf Art. 5 der Europäischen Markenrechtsrichtlinie 89/104/EWG (ABl. EG Nr. L 40 vom 11.02.1989, S. 1), so dass der BGH diese Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof vorlegen musste.
Die Entscheidung des EuGH steht insofern noch aus.

Klärung durch den EuGH?

Allerdings hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer anderen Entscheidung im März 2010 zumindest inzident zu der Frage Stellung genommen, ob der Werbende durch die Angabe der fremden Marke beim Keyword-Advertising diese auch markenmäßig benutzt. Der zu entscheidende Fall war (noch) nicht der o.a. Vorlagefall des BGH. Vielmehr handelte es sich um mehrere Klagen französischer Markeninhaber (Louis Vuitton, Viaticum und CNRRH) gegen Google selbst - der zugrundeliegende Fall ist aber vergleichbar: Markenrechtlich geschützte Begriffe waren von Werbenden bei Google AdWords als Schlüsselwörter angegeben worden, teilweise in Verbindung mit Wörtern wie „Kopie" oder „Imitat". Google wurde durch die französischen Gerichte in den ersten beiden Instanzen wegen Markenverletzungen verurteilt. Hiergegen rief Google das oberste französische Gericht, die Cour de Cassation an. Ebenso wie der BGH legte das Kassationsgericht unter anderem die Frage der markenmäßigen Benutzung dem EuGH zur Vorabentscheidung vor - allerdings mit dem durchaus entscheidenden Unterschied, dass nicht zu entscheiden war, ob der Werbende die Marke benutzt hat, sondern Google selbst.
Der EuGH entschied nun am 23.03.2010 (verbundene Rechtssachen mit den Az. C-236/08, 237/08 und 238/08), dass zwar Google selbst die fremden Marken nicht markenmäßig benutze. Eine Störerhaftung des Suchmaschinenbetreibers komme nur dann in Betracht, wenn er trotz Hinweises des Markeninhabers die Anzeigen nicht unverzüglich sperrt.
Der Werbekunde selbst nehme aber die markenmäßige Benutzung vor, weil er die Marke verwende, um dem Nutzer der Suchmaschine das eigene Angebot als Alternative zum Produkt des Markeninhabers vorzuschlagen. Es komme insofern nicht darauf an, ob die Marke in der Anzeige selbst enthalten sei.
Des weiteren müsse aber auch eine spezifische Markenfunktion tangiert sein. Im Fall von Google AdWords sei zwar jedenfalls die Werbefunktion der Marke nicht verletzt, weil die Anzeigen neben den allgemeinen Suchergebnissen erscheint. Das nationale Gericht - also auch deutsche Markengerichte - müssen aber fortan prüfen, ob z.B. die konkrete Gestaltung der Anzeige den normal informierten und aufmerksamen Nutzer erkennen lässt, ob z.B. die Anzeige Produkte des Markeninhabers bewirbt oder nicht. Ist dies nicht erkennbar, kann die Herkunftsfunktion verletzt sein.
Allerdings, und dies dürfte in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein, verlangt der EuGH für eine markenmäßige Verwendung, dass in der Anzeige entweder suggeriert wird, dass zwischen dem Inserenten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht oder die Anzeige so vage gehalten wird, dass für den durchschnittlichen Internetnutzer nicht erkennbar ist, ob eine solche Verbindung besteht.

Folgen für die Praxis

Was bedeutet dies nun für die deutsche Praxis? Der EuGH hat zwar noch nicht über die Sache „bananabay" entschieden. Dennoch lassen sich einige wichtige Grundsätze für die zukünftige Werbung mit Google AdWords oder vergleichbaren Referenzierungsdiensten ableiten:
Nach der Entscheidung des Gerichtshofs dürfte nunmehr zumindest klar sein, dass die Verwendung von fremden Marken als Keywords eine markenmäßige Benutzung darstellt.
Auch die herkunftshinweisende Funktion der Marke kann beeinträchtigt sein, wenn auch nur unter der Voraussetzung, dass im Einzelfall aus der Anzeige klar wird, ob zwischen dem Verwender der Marke und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht. Ob insofern eine ausdrückliche Klarstellung erfolgen muss, bleibt unklar, wird sich aber nur anhand des Einzelfalls beantworten lassen. Eine sorgfältige Prüfung ist also erforderlich.
Die Frage der Verwechslungsgefahr schien durch die Beta-Layout-Entscheidung des BGH eigentlich geklärt. Die dort aufgestellten Grundsätze zur Verletzung des Unternehmenskennzeichens wären eigentlich auch auf Marken übertragbar. Demnach wäre davon auszugehen, dass eine Verwechslungsgefahr angesichts des optischen Unterschieds zwischen Suchmaschinenergebnis und Anzeige nicht besteht.
Allerdings ist hier erhebliche Vorsicht geboten: Das Recht des Unternehmenskennzeichens ist bei aller Ähnlichkeit zum Markenrecht im engeren Sinne rein deutsches Recht und wurde nicht durch die Europäische Markenrechtsrichtlinie harmonisiert. Deshalb musste der BGH die Sache „Beta-Layout" auch nicht dem EuGH vorlegen.
Der EuGH hat zur Parallelfrage im Markenrecht aber entschieden, dass die AdWords-Anzeige zumindest erkennen lassen muss, ob eine wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Markeninhaber und dem Werbenden besteht oder nicht. Ob diese Klarstellung in der Praxis immer und ausreichend erfolgt, ist zweifelhaft. Es besteht also ein erheblicher Grund zur Vorsicht für AdWords-Kunden.
Wird die Fremdheit aber in der Anzeige klargestellt, stellt sich eine Folgefrage: Dann nämlich könnte in der Anzeige eine vergleichende Werbung liegen. Diese könnte dann wieder nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wettbewerbswidrig sein. Der EuGH hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen.
Die Entscheidung über die Verwechslungsgefahr trifft zudem der Tatrichter nach eigener Ansehung, also letztlich das Landgericht. Ist - was durch Layoutänderungen bei Google oder Abweichungen in anderen Suchmaschinen durchaus vorkommen kann - der Landrichter der Auffassung, dass eine Verwechslungsgefahr vorliegt, kann dies in der Berufung oder Revision nur noch eingeschränkt überprüft werden.

Fazit

Die rechtlichen Aspekte der Nutzung von Internetreferenzierungsdiensten wie Google AdWords sind durch die Entscheidungen des BGH und des EuGH zwar deutlich klarer geworden. Es bleiben aber nach wie vor viele offene Flanken. Markeninhaber sollten daher ständig überprüfen, ob Anzeigen fremder Unternehmen in Suchmaschinen auftauchen, wenn nach der eigenen Marke gesucht wird. Auch Werbende sollten auch in Zukunft ihre Anzeigen bei Referenzierungsdiensten vorab rechtlich überprüfen lassen und bestehende Anzeigenkampagnen ggf. überarbeiten.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Setzen Sie sich einfach mit uns in Verbindung.

Rechtsanwalt Dr. Kai M. Simon ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Er vertritt und berät schwerpunktmäßig auch im Markenrecht und in allen Fragen rund um das Wettbewerbs- und Urheberrecht.

Rechtlicher Hinweis: Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei um unverbindliche Informationen handelt, die nicht als Rechtsberatung zu qualifizieren sind.

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Mit freundlicher Genehmigung / Quelle: Kanzlei Rechtsanwalt Tim M. Hoesmann, Berlin
Twitter ist mittlerweile als Kommunikationsinstrument auch in Deutschland angekommen und findet eine immer größere Anerkennung. So nutzen mittlerweile 3/4 aller im Dax geführten Unternehmen Twitter (http://redir.ec/pO5m), aber auch viele Medienschaffende, Politiker und Privatpersonen nutzen den Kurznachrichtendienst. Im folgenden Aufsatz soll es weniger um eine Verantwortlichkeit von Twitter selbst gehen, sondern vielmehr um die Verantwortlichkeit der Nutzer des Dienstes. Auch hier lauern, beginnend von der Wahl des Account Namens bis hin zu den einzelnen Tweets (Nachrichten) eine Vielzahl von rechtlichen Fallstricken.

1. Wahl des Account Namen

Schon die Wahl des Account-Namens kann rechtliche Probleme mit sich bringen. Ähnlich wie bei der Wahl eines Domainnamens sollte auch bei der Registrierung eines Twitter Account-Namens darauf geachtet werden, weder das Markenrecht, noch das Namensrecht zu verletzen. Es gibt eine umfangreiche Rechtsprechung zu der Haftung für Domainnamen, ob diese auch auf die Haftung für Nicknames übertragen werden kann, ist bislang noch gerichtlich entschieden worden, kann aber nicht ausgeschlossen werden.

Markenrecht
Der Inhaber einer Marke hat das Recht, unter dieser auch im Internet präsent zu sein. Dies schließt auch das Recht mit ein, andere von der Nutzung des Markennamens auszuschließen, wenn die Gefahr einer Verwechselung droht. Wenn man also seinen Twitter Account nach einem markenrechtlich geschützten Begriff benennt, läuft man Gefahr, dass der Inhaber des Markenrechts sein Recht geltend macht und eine Unterlassungsklage anstrebt. Selbst ohne eine Verwechselungsgefahr kann der Inhaber seine Ansprüche durchsetzen, da er neben den markenrechtlichen Ansprüchen auch noch einen Anspruch aus dem Namensrecht (§ 12 BGB) geltend machen kann.

Namensrecht
Das Namensrecht des § 12 BGB gibt dem Inhaber eines Namens das Recht, andere von der Nutzung des Namens auszuschließen. Das Namensrecht ist sehr weit gefasst. Es fallen sowohl die Namen von Personen, als auch Firmenbezeichnungen, Vereins- und Künstlernamen unter den Schutz. Es kann aus rechtlicher Sicht nur davon abgeraten werden, bewusst gegen das Namesnrecht von Dritten zu verstoßen und zum Beispiel einen sog. Fake Accounts anzulegen, um unter dem Namen einer prominenten Person oder Vereins zu twittern. Ebenso kann von einem Grabbing, also die Registrierung eines Account mit dem Ziel, diesen später an den tatsächlichen Namensinhaber verkaufen zu wollen, nur abgeraten werden. Ist man jedoch selber Inhaber des Namen oder hat ein Recht diesen Namen zu führen, kann dieser selbstverständlich auch als Twitter Account-Name genutzt werden. Auch hier gilt, genau wie im Domainrecht "first com" first serve.

2. Impressum

Die Frage, ob der eigene Twitter Account ein Impressum braucht, ist unter Juristen umstritten. Da es noch keine Rechtsprechung zu diesem Thema gibt, können hier nur die verschiedenen Ansichten widergegeben werden. Die Frage, ob eine Webseite überhaupt ein Impressum benötigt, beurteilt sich nach dem Telemediengesetz. Der Inhalt des Impressums nach § 5 TMG (http://redir.ec/5TMG). Nach diesem Gesetz muss derjenige Webseitenbetreiber ein Impressum haben, der geschäftsmäßig, also einen auf eine gewisse Dauer gerichteten Internetauftritt betreibt. Dieses Merkmal wird von der Rechtsprechung mittlerweile sehr weit ausgelegt, sodass mittlerweile eine große Zahl von Webseiten unter diese Regelung fällt.

Impressum ja
Eine Ansicht unter den Juristen sieht den einzelnen Twitter-User als Diensteanbieter im Sinne des TMG an. Ihrer Ansicht nach bietet jeder User ein eigenes Angebot an und ist dem zur Folge auch impressumspflichtig. Wird der einzelne Twitter Account rechtlich mit einem Blog verglichen, ist diese Ansicht sicherlich richtig, da auch hier der einzelne Blogger, nicht aber der Betreiber des Blogdienstes selbst, für den Account verantwortlich ist. Schon aus der Selbstbeschreibung von Twitter als "Microblooging" Dienst folgt, dass hier zumindest große Ähnlichkeiten zu einem klassischen Blog bestehen.

Impressum nein
Eine andere Ansicht in der Juristerei verneint eine Impressumspflicht für den einzelnen Account. Bei einer Einordnung des Twitter Accounts weist dieser eine Ähnlichkeiten zu einem Nutzerprofil in einem Forum auf. So ist es Ziel des Accounts, auf einer Plattform Textnachrichten unter einem bestimmten User-Namen zu posten. Dies stellt noch kein eigenständiges Diensteangebot dar. Zudem sollte die gesetzliche Defnition des Diensteanbieters eher eng gefasst werden. (so RA Stadler - http://redir.ec/WTzb) Eine Impressumspflicht entfällt ebenfalls, wenn der einzelne Account mit einem Chat Profil verglichen wird, da auch hier der Anbieter der Chatseite, nicht aber der einzelne User als Anbieter im Sinne des TMG angesehen wird. Daher ist nach dieser Ansicht nur Twitter selbst, nicht aber der einzelne User verpflichtet, ein Impressum zu haben.

Impressum - wie?
Bejaht man die Impressumspflicht, stellt sich die nächste Frage, nämlich wie kann ich bei Twitter ein rechtskonformes Impressum einbinden. Ein Impressum ist rechtskonform, wenn der Anbieter der Informationen leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar ist. Wie der Twitter Account entsprechend gestaltet werden kann, ist unklar. Es gibt bei Twitter wenig Möglichkeiten, den Account individuell zu gestalten. Einige, so auch der Autor, nutzen eine selbst gebaute Hintergrundgrafik und führen in dieser Pflichtangaben aus dem Impressum an. Ebenso besteht die Möglichkeit über das Linkfeld "Bio" eine Verlinkung auf ein gesetzeskonformes Impressum vorzunehmen. Ob dies im Zweifel ausreichend ist, ist eine Frage, welche Gerichte sicherlich bald zu klären haben.

Impressum Fazit
Es gibt hier noch keine gesicherte Ansicht, wie die Rechtsprechung den einzelnen Account einordnen wird. Um aber rechtliche Probleme im Vorfeld zu vermeiden, kann aus juristischer Sicht nur dazu geraten werden, ein entsprechendes Impressum einzurichten, wenn für ein gewerbliches Unternehmen getwittert wird.

Account Bild
Im Rahmen der Gestaltung des eigenen Accounts gibt es auch die Möglichkeit, ein Bild in den Account einzufügen. Bei der Wahl des Bildes ist immer darauf zu achten, nur solche Bilder zu verwenden, an welchen man auch die Rechte hat. Bilder sind urheberrechtlich geschützt und die ungenehmigte Verwendung des Bildes kann schnell zu einer juristisch kostspieligen Angelegenheit werden. Daher sollten nur solche Bilder genommen werden, an denen man auch die Rechte hat. Insbesondere bei der Einbindung eines Logos einer Marke sollte geklärt, ob das Logo auch verwendet werden darf.

4. Haftung für Äußerungen

Die bestehenden gesetzlichen Regeln und die daraus folgende Rechtsprechung zu Äußerungen im Netz gelten auch für Twitter. Es kann in diesem Fall dahinstehen, als was für ein Medium Twitter rechtlich angesehen wird. Bei Äußerungen haftet derjenige, der die Äußerung tätig, unabhängig von der jeweiligen Plattform. Für den einzelnen Twitter-Nutzer bedeutet dies, dass seine Nachrichten nicht gegen geltendes Recht verstoßen dürfen. Natürlich gilt die freie Meinungsäußerung auch bei Twitter. Diese gilt aber nicht unbeschränkt, sondern findet ihre Schranke im Strafrechtstatbestand der Beleidigung. Diese ist die nach außen gerichtete Kundgabe der Nichtachtung oder Nichtbeachtung eines anderen. Daher ist, um rechtliche Probleme zu
vermeiden, darauf zu achten, niemanden mit seinen Tweets zu beleidigen. Auch hinsichtlich rassistischer und anderer diskriminierender Äußerungen
besteht eine strafrechtliche Verantwortung des einzelnen Users, da diese den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen können. Werden
Tatsachenbehauptungen aufgestellt, sollten diese nachweisbar wahr und auch überprüfbar sein. Handelt es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, könnte dies als Tatbestand der üblen Nachrede gewertet werden. Ebenfalls Vorsicht ist geboten, wenn Informationen über Twitter verbreitet werden, welche nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. So kann die Verbreitung von firmeninternen Informationen nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen haben. Problematisch ist hier die rechtliche Einordnung der sogenannten Re-Tweets. Dies ist die Weiterleitung eines anderen Tweets. Hier stellt sich juristisch die Frage, ob der Re-Tweeter auch für die ursprüngliche Äußerung mit verantwortlich ist. Zunächst ist natürlich
der ursprüngliche Nutzer für die Äußerungen verantwortlich. Eine eigene Verantwortung ergibt sich, wenn eine Solidarisierung mit den Inhalten stattfindet. Ob in der reinen Weiterleitung bereits eine Solidarisierung besteht, ist zumindest wahrscheinlich, da in der unkommentierten Weiterleitung einer Nachricht eine Zustimmung zu deren inhaltlicher Aussage gesehen werden kann. Um sicher zu gehen, sollten keine problematischen Inhalte weitergeleitet werden und wenn, dann sollte deutlich gemacht werden, dass man sich mit den Inhalten nicht solidarisiert. Wie dies auf 140 Zeichen möglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls und wird sicherlich auch bald Teil einer juristischen Auseinandersetzung werden.

5. Haftung für Links

Es gibt keinen gesetzlichen Tatbestand, welcher die Haftung für Links regelt. Eine Haftung für Links besteht vereinfacht dann, wenn man sich mit den rechtswidrigen Inhalten, auf welche man verlinkt, solidarisiert. Wann dies der Falll ist, wird auch in der Rechtsprechung ist nicht immer einheitlich entschieden, sodass das mit dem tweeten eines Links auch immer ein gewisses rechtliches Risiko mit einhergeht. Dieses Risiko besteht allerdings nur dann, wenn auf rechtswidrige Inhalte verlinkt wird und sich diese Inhalte zu eigen gemacht werden, sprich eine Solidarisierung mit den Inhalten eintritt. Wenn also erkennbar kritisch auf rechtswidrige Inhalte verwiesen wird und eine Distanzierung von den dort publizierten Inhalten gegeben ist, besteht im Regelfall keine Haftung. Allerdings gibt es hier wieder die Problematik, wie eine solche Distanzierung bei 140 Zeichen wirksam aussehen soll.

6. Das Urheberrecht

Der Urheberschutz für einzelne Tweets würde gelten, wenn der einzelne Tweet als "Werk" im Sinne des Urheberrechts angesehen werden würde. Es handelt es sich immer dann um ein Werk, wenn es eine 2persönlich geistige Schöpfung mit einer gewissen Schöpfungshöhe ist". Bei Überschriften und sehr kurzen Texten erkennt die Rechtsprechung normalerweise keinen Urheberrechtsschutz an, da hier die notwendige Schöpfungshöhe noch nicht erreicht ist und auch es auch an der notwendigen Individualität fehlt. Es gibt mehrere Urteile, welche sich mit dem Schutz von Werbeslogans beschäftigen. Diese sind in ihrer Länge und Individualität gut mit einer Twitter-Nachricht vergleichbar. Auch hier wurde nur in wenigen Fällen auf einen urheberrechtlichen Schutz des einzelnen Slogans erkannt. Der EuGH hat in einem Urteil einen urheberrechtlichen Schutz bei einem Text von 11 Wörtern anerkannt.
Überträgt man diese Rechtsprechung auf das Medium Twitter, ist der einzelne Feed wohl nur in Ausnahmefällen urheberrechtlich geschützt, da er selten länger als 11 Wörter ist und nur in Ausnahmefällen ein Schutz für so kurze Texte anerkannt wurde.

7. Wettbewerbsrechtliche Aspekte

Wird der Account gewerblich genutzt, also zum Beispiel als offizieller Account für ein Unternehmen, sind zudem noch wettbewerbsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Insbesondere ist hier das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu berücksichtigen. Nach diesem können unlauterere Wettbewerbsmethoden im Wege der Abmahnung geahndet werden. Die Bandbreite der möglichen Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ist groß, daher an dieser Stelle nur eine kleine Übersicht über mögliche Verstöße. Unlauter handelt:
* Wer den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert
* Mitbewerber anschwärzt
* Einen Mitbewerber behindert
* Moralischen Druck auf mögliche Kunden ausübt
* Unlautere Gesundheitswerbung betreibt
* Sich mit Werbung bewusst an Kinder richtet
Wann ein solcher Verstoß gegeben ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Ein besonderes Problem könnte bei Twitter das sogenannten Guerilla Marketing werden, welches ebenfalls als unlautere Wettbewerbsmethode angesehen wird. So ist es nicht zulässig, den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert. Daher sollte, wenn ein entsprechender Account eingerichtet wird, der gewerbliche Charakter deutlich werden. Unlauter kann ebenfalls das Anschreiben anderer Twitter-Nutzer mit einer Direktnachricht sein, da in dem Zusenden einer solchen Nachricht bereits eine ungebetene Werbung liegen könnte, welche ein unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 UWG darstellen könnte. Um sicher zu gehen, sollte ein Unternehmen sich im Vorfeld juristisch beraten lassen und auch ein Social Media Policy aufstellen. Insbesondere sollte geklärt werden, wer für das für das Unternehmen sprechbefugt ist und eine klare Richtlinie aufgestellt werden, dass offizielle und private Accounts der Mitarbeiter zu trennen sind.

8. Fazit

Twitter ein faszinierendes und interessantes Medium, welches viele Möglichkeiten bietet. Gleichwohl sollte sich der Nutzer bewusst sein, dass er sich in einem öffentlichen Raum bewegt und dieser gerade kein rechtsfreier Raum ist. Gerade wenn Sie planen, einen gewerblichen Account für Ihr Unternehmen einzurichten, kann eine juristische Beratung im Vorfeld helfen, Fehler zu vermeiden.

Tim Hoesmann, Rechtsanwalt, Berlin

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